Ausbilden gegen den Mangel
Immer am 1. Februar wird es ernst: Denn dann starten am Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte in Freudenstadt die angehenden Grundschullehrkräfte in ihren 18-monatigen Vorbereitungsdienst. Der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern, der auch bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, besuchte das Seminar, um sich sowohl mit der Leitung des Hauses als auch mit den Seminarsprecherinnen und Seminarsprechern der Ausbildungskurse 2023 und 2024 auszutauschen.
Dabei gaben die angehenden Lehrkräfte dem Abgeordneten einige Wünsche mit auf den Weg: So sei die Verzahnung von Studium und Referendariat mangelhaft. „Teilweise wird das Referendariat fast als eine Art „Ausbildung“ hinterhergeschoben. Da wäre es besser, wenn man den Praxisbezug schon in das Studium integriert, zum Beispiel durch regelmäßige Schulbesuche“, erklärte Seminarsprecherin Lara Remensperger dem Gast. Auch die Bezahlung von Grundschullehrkräften war Thema: So sei Baden-Württemberg eines der wenigen Bundesländer, in denen Grundschullehrkräfte noch nicht nach der Besoldungsstufe A13, sondern der niedrigeren Stufe A12 bezahlt werden. „Und zusätzlich schickt Baden-Württemberg fertige Referendare während der Sommerferien noch in die Arbeitslosigkeit“, kritisierte Seminarsprecher Daniele Architravo.
Bei Dr. Timm Kern rannten die zukünftigen Grundschullehrkräfte damit offene Türen ein: „Bei den Vertretungslehrkräften hat man die unwürdige Praxis der Sommerferienarbeitslosigkeit ja zum Glück endlich abgeschafft. Aber bei Referendarinnen und Referendaren wird das in Baden-Württemberg leider immer noch so praktiziert. Das widerspricht für mich der besonderen Sorgfaltspflicht, die das Land gegenüber seinen Beschäftigten hat“, so der Abgeordnete. Doch auch eine positive Botschaft hatten die Lehramtsanwärter: Im Seminar Freudenstadt fühlten sie sich sehr gut aufgehoben und unterstützt.
Im anschließenden Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Seminars rund um Direktor Holger Birnbräuer kamen weitere Themen zur Sprache, die für die Ausbildung von Grundschullehrkräften wichtig sind. So wurde die Zentralisierung der Lehrerbildung durch die Gründung des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) durch die frühere Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) auch kritisch gesehen. Der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern stützte diese Einschätzung: „Die bürokratischen Kreise zwischen dem Kultusministerium, dem ZSL und den Regionalstellen sind enorm. Die Zentralisierung war falsch, dadurch hat man unnötig funktionierende lokale Strukturen beschädigt“.
Ein weiteres Thema war auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Seminars Freudenstadt die Frage der Besoldung. „Die Personalgewinnung wird mit diesen Besoldungsstufen zunehmend schwer – übrigens auch in der Verwaltung“, berichtete Susanne Hirt, die seit vielen Jahren die Seminarverwaltung leitet. Und auch die Tatsache, dass Baden-Württemberg eines der letzten Bundesländer ist, welches Grundschullehrkräfte nicht nach A13 bezahlt, rufe ein großes Problem hervor – nämlich die Abwanderung von dringend benötigten Grundschullehrkräften in benachbarte Bundesländer oder die Schweiz. Grundschullehrkräfte in Baden-Württemberg nach A13 zu bezahlen sei eine Forderung seiner FDP, berichtete Dr. Timm Kern. Die Reform scheitere jedoch am Widerstand der grün-schwarzen Landesregierung.
Nach einem intensiven Austausch war das Fazit: Mit der Betreuung und Unterstützung der angehenden Lehrkräfte am Seminar Freudenstadt sind alle zufrieden – mit den vorgegebenen Rahmenbedingungen der Landesregierung für die Seminare und die Referendare jedoch nicht.