„Für mich ist die Realschule das Rückgrat des gegliederten Bildungssystems“
Manchmal auch außerhalb eingeübter Wege denken: Das ist das Erbe des Namensgebers der Gustav-Mesmer-Realschule in Münsingen. Wie kann ein Bildungssystem aussehen, das den Schulen solche Freiheiten lässt, aber gleichzeitig Verlässlichkeit garantiert? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Besuchs des Landtagsabgeordneten Dr. Timm Kern (FDP) an der Schule.
Schulleiter Andreas Bosch, Lehrer Dr. Dietmar Leichtle und die Amtsleiterin Bildung, Soziales und Ordnungsamt bei der Stadt Münsingen, Rebecca Hummel, begrüßten den Abgeordneten an der Schule. Im gemeinsamen Austausch kam der besondere Status der Realschule im baden-württembergischen Schulsystem zur Sprache. So betonte Dr. Timm Kern: „Für mich ist die Realschule das Rückgrat des gegliederten Bildungssystems. Statt sie mit immer neuen Strukturdebatten infrage zu stellen, muss die Realschule gestärkt werden.“ Auch Dr. Dietmar Leichtle, Lehrer für Musik, Kunst und Deutsch erklärte, dass er ganz bewusst Realschullehrer geworden sei: „Die Realschule bietet die Möglichkeit für alle Schülerinnen und Schüler, ihre Stärken auszubauen. Und auch die Politik muss sich abseits ideologischer Debatten doch vor allem fragen: Was hilft den Kindern?“
Auf die Frage nach den Wünschen an die Politik betonte Schulleiter Andreas Bosch, wie wichtig vor allem mehr Verlässlichkeit in der bildungspolitischen Debatte wäre: „Planungssicherheit ist enorm wichtig. Wenn teilweise ganze Schularten nicht mal wissen, ob es sie demnächst noch gibt – wie soll dann eine pädagogische Weiterentwicklung funktionieren?“. Dr. Timm Kern erwähnte dazu die Idee eines partei- und fraktionsübergreifenden Schulfriedens, wonach man sich über Parteigrenzen hinweg auf bestimmte Leitlinien der Bildungspolitik einigt, die dann über Regierungswechsel hinaus gelten. Die Gespräche, die es dazu im Frühjahr 2024 gab, scheiterten laut ihm aber an den Grünen: „CDU, SPD und FDP waren bereit, zu verhandeln. Aber Winfried Kretschmann hatte daran kein Interesse, sondern legte in Basta-Manier ein Papier vor, dass dann alle gefälligst unterschreiben sollten. Dabei konnte die Opposition natürlich nicht mitmachen.“
Auch das Thema der verbindlichen Grundschulempfehlung wurde diskutiert. Diese wurde durch die Landesregierung für den Übergang auf das Gymnasium wiedereingeführt – allerdings nicht für den Übergang auf alle anderen Schularten. Dr. Timm Kern hält das als bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion für einen großen Fehler: „Gerade für die Realschulen wäre die verbindliche Grundschulempfehlung wichtig gewesen. Wir brauchen sie für alle Schularten, damit jedes Kind die pädagogisch passende Schule bekommt.“ Aus Sicht des Schulträgers ergänzte Rebecca Hummel: „Wenn viele Kinder später vom Gymnasium auf die Realschule wechseln, weil sie merken, dass das Gymnasium die falsche Schulart für sie war, ist das für uns natürlich auch räumlich und planerisch herausfordernd“.
Ein weiteres Thema lag Dr. Timm Kern am Herzen: Wie umgehen mit Tatsachen wie Schulabsentismus oder aggressivem Verhalten an Schulen? Er höre inzwischen sogar von Fällen von Schulausschluss schon in der Grundschule, so der FDP-Politiker. Rebecca Hummel bestätigte, dass die Zahlen der Kindeswohlgefährdung steigen. Und auch aus dem Schulalltag konnte Schulleiter Andreas Bosch Auffälligkeiten berichten: „Schulsozialarbeit ist fast schon lebenswichtig für uns. Aber es gibt ausgerechnet in diesem Bereich immer die Drohkulisse von Kürzungen, wie es neulich in Tübingen angekündigt wurde“.
Das Fazit der Gesprächspartner: In der Bildungspolitik Baden-Württembergs brauche es vor allem wieder mehr Ordnung und Verlässlichkeit. Auf dieser Basis könne man dann auch außerhalb eingeübter Wege denken – ganz im Sinne Gustav Mesmers.