Politik zwischen Fahrrädern und Wanderschuhen

Zu Besuch bei Intersport Glaser in Freudenstadt
Zu Besuch bei Intersport Glaser in Freudenstadt
  • Landtagsabgeordneter Dr. Timm Kern (FDP) besucht das Unternehmen Intersport Glaser in Freudenstadt
  • Vielfältige Herausforderungen für den Einzelhandel werden deutlich
  • Dr. Timm Kern: „Man kann nicht über das Sterben der Innenstädte klagen, aber dann lokalen Unternehmen Fesseln anlegen“

„Von außen sieht man gar nicht, wie groß der Verkaufsraum von innen ist“, zeigte sich Dr. Timm Kern, Landtagsabgeordneter der FDP für den Landkreis Freudenstadt, beeindruckt. Er war zum Unternehmen Intersport Glaser in der Freudenstädter Innenstadt gekommen, um dort über die Wünsche des Einzelhandels an die Politik zu sprechen. Sein Gesprächspartner dort war die Geschäftsführung, bestehend aus Stephanie Glaser, Christian Glaser und Peter Glaser.

Bei einer Führung durch das Gebäude, das verschiedene Erweiterungsprozesse durchlaufen hat, wurde deutlich, wie groß das Angebot von Intersport Glaser ist. Vor allem auch die Fahrradabtei-lung mit eigener Werkstatt hatte es Dr. Timm Kern angetan. Christian Glaser erklärte, dass nun allerdings die maximale Verkaufsfläche erreicht sei: „Größer können wir nicht mehr werden. Nur noch besser“, erklärte er die Zielsetzung des Unternehmens.

Beim anschließenden Gespräch mit den Geschäftsführern zeigten diese zahlreiche Herausforde-rungen auf, denen sich der Einzelhandel aktuell gegenübersieht. „Natürlich hat uns Corona stark gebeutelt“, erklärte Peter Glaser, der das Unternehmen einst gegründet hatte. Zwar habe es staatli-che Unterstützung gegeben, aber diese hätte die Verluste nicht auffangen können. „Bei vielen Un-ternehmen, die jetzt in die Krise kommen, sind das Spätfolgen, die jetzt sichtbar werden“, be-schrieb er die Situation. Für sein Unternehmen war die Fahrradwerkstatt ein wichtiger Anker, denn deren Service konnte in dieser Zeit weitergeführt werden.

Das Unternehmen stehe nun gesund da: Mit aktuell 24 Mitarbeitern und sechs Auszubildenden sei auch die Personallage in Ordnung. Trotzdem beobachtet Stephanie Glaser einen Trend: „Viele jun-ge Menschen gehen nach der Schule erst mal woanders hin, weil irgendwie die Angst vorherrscht, dass man sonst etwas verpasst. Viele kommen dann aber doch wieder zurück, weil sie merken: So schlecht war es hier dann doch nicht“, erklärte sie die Herausforderung für lokale Unternehmen, Auszubildende und neue Mitarbeiter zu finden. Auch die Integration ausländischer Arbeitskräfte sei wichtig – hier seien aber oft mehr Informationen nötig. „Wie man einen Lohnzettel ausfüllt oder wie man sich richtig bewirbt, das sollte einem doch eigentlich im Integrationskurs beigebracht wer-den“, forderte Stephanie Glaser mehr Anstrengungen für gelungene Integration.

Auch die starke Erhöhung des Mindestlohnes stelle kleine und mittlere Unternehmen wie sie vor Herausforderungen, betonten die Geschäftsführer. Dabei sei natürlich selbstverständlich, dass Mitarbeiter fair bezahlt werden müssen. Dazu komme aber ein massiver bürokratischer Aufwand für den Nachweis von Arbeitszeiten. Dr. Timm Kern betonte, dass der Staat aus seiner Sicht nicht zu stark in die Lohnfindung eingreifen sollte: „Wir haben aktuell einen Arbeitnehmer-Markt. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter schlecht behandeln, dann sind die doch morgen woanders, weil sie zahlreiche andere Möglichkeiten haben“, teilte er seinen Eindruck mit. Stephanie Glaser bestätigte dies: „Wir bezahlen weit über Tarif, weil wir gar nicht anders können. Unsere Konkurrenz auf dem Arbeits-markt sind schließlich Daimler, Bosch und andere große Unternehmen, die viel mehr Möglichkeiten haben“.

Gleichzeitig, analysierte Christian Glaser, werde die Steuerlast und der bürokratische Aufwand immer höher. „Das ist gerade für kleinere Unternehmen wie uns oft herausfordernd“, betonte er. Bei Dr. Timm Kern stieß er damit auf viel Verständnis. Der FDP-Politiker nannte das Beispiel der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie. In dieser Debatte höre er oft das Argument, dafür habe der Staat kein Geld. „Dabei geht es dabei doch gar nicht darum, dass der Staat jemandem etwas geben soll, sondern darum, dass er sich weniger nimmt“, kritisierte er diese Logik. Auch zur zunehmenden Bürokratie äußerte sich der Abgeordnete klar: „Wir leben doch von Eigeninitiative und Eigenverantwortung – das wird immer mehr mit Paragrafen zugeklebt“, plädierte er für mehr Anstrengungen beim Bürokratieabbau.
Wer den Einzelhandel in lebendigen Innenstädten erhalten will, darf ihm keine Steine in den Weg legen, waren sich die Gesprächspartner am Ende einig. „Man kann nicht über das Sterben der Innenstädte klagen, aber dann lokalen Unternehmen Fesseln anlegen“, war für Dr. Timm Kern das Fazit aus dem Gespräch.